Programm

24.10.21

Jahrestag der Einweihung des Denkmals für die ermordeten Sinti* und Roma* Europas

#Existenz

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs hat es 37 Jahre gedauert, bis die Bürgerrechtsaktivist*innen aus den Sinti- und Roma-Communities die Anerkennung des Völkermordes an den Sinti* und Roma* durch die Bundesregierung erkämpft haben . Am 17. März 1982 nach zahllosen Demonstrationen bis hin zum Hungerstreik von Holocaust-Überlebenden und deren Unterstützer*innen in Dachau erklärte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt: „Den Sinti und Roma ist durch die NS-Diktatur schweres Unrecht zugefügt worden. Sie wurden aus rassischen Gründen verfolgt […]. Diese Verbrechen haben den Tatbestand des Völkermords erfüllt.“ Nach weiteren 20 Jahren wurde am 24. Oktober 2012 das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti* und Roma* Europas in Berlin-Mitte eingeweiht. Für viele Überlebende und deren Nachfahren stellt es ein symbolisches Grab dar, den die Opfer nie hatten. Und für die Nachfahren der Täter*innen ist es ein Mahnmal sowie ein Ausdruck der Verantwortung nicht nur für das begangene Unrecht, sondern für die Einhaltung von Menschenrechten im heutigen Europa. Doch für den deutschen Staat scheint all dies nur halb so wichtig zu sein. Seit etlichen Monaten werden Verhandlungen darüber geführt, wie sehr dieser Ort wegen des Baus einer S-Bahn-Linie beschädigt werden darf. Nehmen damit Vertreter*innen des Berliner Senats, des Deutschen Bundestags und der Deutschen Bahn – der Nachfolgeorganisation der Reichsbahn, die mit Transporten in die Konzentrationslager Profit machte – die erklärte Verantwortung für den Völkermord wieder zurück? Sie setzen sich jedenfalls bewusst über Stimmen der Überlebenden hinweg. Und ignorieren all diejenigen, die ein Eingriff in das Denkmal in ihrer Existenz trifft. Das Denkmal bezeugt unsere Geschichte, steht symbolisch für hundert tausende unserer Vorfahren, deren Leben ausgelöscht wurde. Mehr als unsere Erinnerung und dieses Denkmal gibt es oft nicht. Das Denkmal bezeugt die Existenz unserer Vorfahren und damit auch unser gegenwärtiges Dasein.

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2.8.21

Internationaler Tag des Gedenkens an den Porajmos

#Erinnern

Am 2. August erinnern wir an die 500.000 Opfer des Porajmos, des Holocaust an den europäischen Sinti* und Roma* in der Zeit des Nationalsozialismus. Der Tag bezieht sich auf die Ermordung von etwa 4.200 Sinti* und Roma*, hauptsächlich Kindern, Frauen und alten Menschen, in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 im „Z-Familienlager“ des KZ Auschwitz-Birkenau. Wir erinnern aber auch an Menschen, die dem jahrhundertealten Antiziganismus und Antisemitismus in Europa unterlagen, und die während der unzähligen Kriege, während der Sklaverei, des Kolonialismus und durch mehrere Genozide wie im ehemaligen Osmanischen Reich, Ruanda, Namibia, Srebrenica und an vielen weiteren Orten auf der Welt umgebracht wurden.

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20.6.21

Welttag der Migrant*innen und Geflüchtete

#Überleben

Der Welttag der Migrant*innen und Geflüchtete ist ein internationaler Tag, der von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde. Er feiert die Stärke und den Mut von Menschen, die gezwungen waren, aus ihrem Heimatland zu fliehen, um Konflikten oder Verfolgung zu entkommen. Auch das Leben der Roma* ist seit Jahrhunderten mit der Flucht und Vertreibung verbunden. Doch im aktuellen politischen Mainstreamdiskurs wird den Roma* der Status von Geflüchteten abgesprochen, sie werden als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet und des vorsätzlichen Missbrauchs der Leistungssysteme bezichtigt. Doch wer nach Deutschland kommt, nur um den Winter zu überleben, und sich dabei bewusst einer traumatisierenden Abschiebung aussetzt, ist kein berechnender Betrüger, sondern ein Mensch in Not, der in seinem Herkunftsland aufgrund von rassistischer Diskriminierung keine Chance auf ein würdiges Leben hat. Als Geflüchtete*r zu geht es nicht nur ums Überleben im Herkunftsland und während der Flucht. Nach dem Ankommen sind geflüchtete Menschen Ausgrenzung und Bedrohungen von rechts ausgesetzt. Spätestens nach dem rechtsterorristischen Anschlag in Hanau im Februar 2020 stellt sich auch in Deutschland die Frage nach dem Überleben nach der Flucht immer dringender.

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16.5.21

Widerstandstag der Sinti* und Roma*

#Widerstand & Resilienz

Am 16. Mai erinnern wir an den Aufstand der Sinti* und Roma* im sog. „Z-Familienlager“ von Auschwitz-Birkenau und feiern ihre Kraft, Widerstand gegen das NS-Regime zu leisten – trotz der scheinbar aussichtslosen Bedingungen und Erschöpfung. Am 16. Mai 1944 beschloss die SS, das Lager zu schließen und alle Häftlinge in Gaskammern zu ermorden. Doch die Insassen griffen zu improvisierten Waffen und verbarrikadierten sich in ihren Baracken. Die SS, vermutlich aus Angst vor einem Massenaufstand im gesamten KZ, brach die Aktion ab. Wenige Wochen später wurden etwa 3.000 starke Männer und Frauen in andere Lager transportiert, bevor am 2. August 1944 der erneute Versuch unternommen wurde, das Lager zu „liquidieren“. Dank dieses einmaligen Akts des Widerstands konnten viele Leben gerettet werden. Auch heute müssen viele Roma*, Sinti*, Schwarze, muslimisch gelesene, queere Communities und People of Color, insbesondere Frauen, tagtäglich Mut und Widerstandskraft beweisen, um gegen das System der Unterdrückung anzukämpfen. Vor allem für Menschen mit Erfahrung von intersektionaler Diskriminierung ist der Kampf für ihre Selbstbestimmung und ihr Dasein fortwährend. In der zweiten Phase untersucht die Biennale verschiedene Perspektiven des Widerstands und der Resilienz.

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8.4.21

Romaday

#Selbstbekenntnis

Am 8. April 2021 feiern Roma* auf der ganzen Welt das 50-jährige Jubiläum des Ersten Welt-Roma-Kongresses, der am 8. April 1971 in Großbritannien stattfand. Zum ersten Mal erhoben Roma* sowohl aus Ost- als auch aus Westeuropa ihre Stimme im Kampf gegen Antiziganismus und in einem gemeinsamen Kampf für eine bessere Zukunft. Es war der Durchbruch für eine neue politische Bewegung, an der 23 Vertreter*innen aus neun Ländern teilnahmen. Der Begriff „Roma“ für „Menschen“ wurde als Selbstbezeichnung akzeptiert, um ein neues gemeinsames Selbstbewusstsein zu schaffen und die Anerkennung und den Respekt der Gesellschaft einzufordern. Die Grundsteine der internationalen Emanzipationsbewegung der Roma* wurden von der neuen Hymne und Flagge ergänzt, die vom Kongress 1971 angenommen wurden. Aber auch 50 Jahre später zeigen viele Roma* und Sinti* ihre Identität noch immer nicht offen, aus begründeter Angst vor Diskriminierung und Ablehnung in den unterschiedlichsten Formen: vom Jobverlust und geringerer Chance auf eine Wohnung über verbale und körperliche Angriffe bis zur Polizeigewalt. Das bloße Bekenntnis zu sich selbst und der eigenen Identität ist daher auch 2021 keineswegs als selbstverständlich vorauszusetzen. Das 50. Jubiläum des Welt-Roma-Tags am 8. April nehmen wir daher zum Anlass, um über das Selbstbekenntnis zu reflektieren.

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